Noch eine Generation vor uns war es nicht selbstverständlich, täglich saubere Wäsche zu haben!
Wie wurden früher Stoffwindeln gewaschen? Das frage ich mich seit ich mit Stoffwindeln begann. Denn Wegwerfwindeln kamen erst in den 70-er Jahren ins Spiel. Also vor knapp 50 Jahren.
Bis weit ins 20. Jahrhundert war das Waschen Frauenarbeit und war sehr zeitaufwändig. Es gab bestimmte Regeln die beispielsweise das Waschen von Windeln oder blutigen Tüchern (Menstruation und Wochenbett) am Dorfbrunnen untersagten. Zumal oft auch Asche als Waschmittel genutzt wurde. Also mussten die Frauen am Bach, Fluss und Seeufern waschen.
Meist zwei bis drei Mal im Jahr war grosser Waschtag. Nur Unterwäsche, Kinderkleider und Windeln wurden regelmässig von Hand gewaschen. Die Restwäsche bewahrte man trocken oder aufgehängt auf damit Feuchtigkeit keine „Stockflecken“ bilden konnte. Für die grossen Waschtage verwendete man als Waschlauge eine Zusammensetzung aus Buchenasche und Wermutsstauden oder Lavendel. Die grosse Wäsche konnte bis zu einer Woche (!!!) dauern und setzte sich aus mehreren Schritten zusammen. Einweichen der Wäsche, Bedecken mit Pottasche, Überbrühen mit Sodalauge, Schlagen, Bürsten, Reiben, Spülen, Bleuen (bläuen = vergilbte Wäsche mit einem Aufhellungsmittel „Waschblau“ behandeln, um sie weiss erscheinen zu lassen), Bleichen, Stärken, Wringen, Aufhängen, Ausbessern, Strecken, Mangen (Bügelmaschine mit zwei parallelen Walzen)und Bügeln.
Man hantierte also mit heissen Holzbottichen und zur Spülung mit kaltem Wasser. Alles von Hand. In ländlichen Gegenden war üblich, dass dabei Mägde, Knechte Verwandte und Bekannte helfen mussten. Hingegen in der Stadt beauftragte man gewerbsmässig tätige Waschfrauen.
Erleichterungen brachten vor allem Kupfer- und Messing Kessel für heisses Wasser, welche die Holzbottiche ersetzten. Um 1850 wurde das Waschbrett eingeführt und erste von Hand betätigte Waschmechanismen tauchten auf. Bereits ab 1900 trat die Seife anstelle der Pottasche und ab 1913 fanden erste mit Elektromotor betriebene Waschmaschinen ihren Platz in wohlhabenden Haushalten.
Es war aber noch ein Stück Weg bis zur Waschmaschine in jedem Haushalt. Fragt nur mal Personen, geboren in den 50er Jahren, denn oft kennen sie den grossen (2-3 x pro Jahr) Waschtag immer noch! Alltagswäsche wurde bei Bedarf von Hand gewaschen. Hatten junge Frauen ihre Menstruation, wurden Stoffbinden in Wasserkübeln unter dem Bett gelagert, bis man waschen konnte. In Mehrbettzimmern! Es war also noch eine Generation vor uns noch nicht mal selbstverständlich, dass man täglich saubere Kleidung zur Verfügung hatte! Der Ausbau der Wasserversorgung, Elektrizität und der Verbreitung von Anschlüssen für fliessendes Wasser brachte auch in Mietshäuser die Waschküchen mit Steinbecken und grossen Heizkesseln und später Wäscheschleudern.
Sogar ich erinnere mich, dass es bei der einen Grossmutter früher nur eine Dusche für das gesamte Haus gab. Die war im Keller direkt neben einem grossen cremefarbenen Steinwaschbecken, welches bereits Waschbrettrillen integriert hatte. Das war jeweils ein Abenteuer wenn es kalt war! Später stand an der Stelle des Waschbeckens eine Waschmaschine. Und erst das Plumps-Klo im Mehrfamilienhaus! Als Kind hatte ich erstens Angst dort hinein zu fallen und zweitens war die Zugluft unten rum sehr beunruhigend. Auch war bei der anderen Grossmutter die Wäscheschleuder extrem faszinierend. Oben gab man die nasse Wäsche rein, Deckel zu, und unten stand ein Eimer welcher das Wasser auffing.
In den 1960er Jahren also kamen die ersten vollautomatischen Waschmaschinen auf. Waschsalons entstanden oder Gemeinschafts-Waschküchen und das bisher sehr schäumende Waschpulver wurde durch phosphorhaltige Pulver ersetzt, welche wiederum bereits ab den 1980er Jahren wegen der Umweltbelastung bekämpft wurden.
Ganz spezifisch zu Stoffwindeln in der Schweiz ist im Internet praktisch nichts zu finden. Wenn man jedoch Fragen stellt, bekommt man spannende Antworten. Es war also üblich bis um die 70er Jahre, dass man mit Tüchern wickelte auch in der Schweiz. Entweder Mulltücher, Flanelltücher oder Baumwolltücher (meist ca. 80x80 cm). Die Flanelltücher gibt es übrigens immer noch in heimischen Supermärkten zu kaufen. Man nahm also ein viereckiges Tuch und formte es zu einem Dreieck. In die Mitte legte man nochmals ein Tuch oder später Stabwindeln. Darüber kam die „Gummihose“. Stabwindeln, welche man weg warf kamen zum Beispiel zum Einsatz, wenn man sich die Wegwerfwindeln nicht leisten konnte. Der Kostenpunkt war hierzulande ein grosser Faktor. Weil Wegwerfwindeln anfangs teuer waren, nähten sich in ländlichen Gegenden Frauen in Gruppen Stoffwindeln (heute würde man sie als Höschenwindeln bezeichnen) in verschiedenen Kleidergrössen und gaben diese untereinander weiter. Über diese Höschenwindeln trug man auch die „Gummihose“.
Anfangs wie oben zum geschichtlichen zu entnehmen, wurden die Windeltücher wohl täglich gewaschen oder im Sommer getrocknet an der Luft bis zum wöchentlichen Waschtag (ab Zeitpunkt des Messingkessels in den Haushalten). Aus hygienischer Sicht riet man die Windeln auszukochen, auch wenn man bedenkt, dass die Wasseranschlüsse in den Häusern in der Schweiz in teils Regionen erst um die 1960er Jahre sich verbreiteten.
Waschen früher war also generell viel umständlicher als heute und es hatte hygienische Gründe, warum man das Auskochen unbedingt empfahl. Die heutigen Stoffwindeln können zwischen 40°-95° Grad gewaschen werden und sind gleichwohl sauber trotz entstehenden (Flecken-) Schatten ab Beikost dank innovativer Technik und (Öko-) Waschmitteln.
Irina Bianchi-Betschart
Quellen:
Wikipedia „Windel“: https://de.wikipedia.org/wiki/Windel
Historisches Lexikon der Schweiz; „Waschen“ von Elisabeth Joris: http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D16237.php
Ballenberg „Waschen“: https://www.ballenberg.ch/de/themen/handwerk/waschen/
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